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Das ist hier kein Bällebad, das ist nur der Montag

Es ist 8:25 und ich warte darauf in einen Flieger steigen zu können. Ich fühle mich gar nicht gut dabei, nicht nur weil Fliegen mies fürs Klima ist und kluge junge Frauen wie Greta Thunberg es zurecht verteufeln, sondern auch, weil ich ein krankes Kind zu Hause gelassen habe. Die Nacht neben diesem kleinen fiebrigen Glühwurm und daher eher schlaflos verbracht zu haben macht mein Wohlbefinden wahrscheinlich auch nicht so viel besser.
Ich durfte auf keinen Fall aus seinem Bett raus, weil krank und Mama-bedürftig, aber auch nicht wirklich mit ihm kuscheln weil zu heiß und außerdem ja schon ganz groß. Zwischen “Mama, her!” und “Nein, lass mich, rutschen!!” Lagen so etwa 3,5 Millimeter.
Jetzt hat er das ganze Bett für sich und darf frühmorgens Zeichentricksendungen gucken und den Tag mit seine allerliebsten Babysitterin verbringen, vor nachmittags Papa zum Abholen kommt.
Und ich sitze hier mit schlechtem Gewissen, denke an Sheryl Sandbergs ersten TED-Talk, in der sie davon erzählt, wie ihre Tochter sie am Bein festhielt und “No, Mommy, don’t go!” rief als die Facebook-Chefin zu ihrem Vortrag aufbrechen wollte. Mein Job ist nicht annähernd so gut bezahlt oder so wichtig wie ihrer, ich hoffe trotzdem, dass sich dieser ewige Spagat irgendwie lohnt.
Vermutlich würde ich mich auch schlecht fühlen, wenn ich die Meetings heute abgesagt hätte und zu Hause geblieben wäre. Ist doch alles…
Am Samstag musste ich schon die Pro Choice Demo und einen großen Geburtstag, am Sonntag einen Kindergeburtstag absagen. Ich wäre überall sehr, sehr gern dabei gewesen, aber Fieber-Mini hatte ganz klar Vorrang.

Ich hoffe sehr, dass nächstes Wochenende wieder ein bisschen entspannter wird, denn das Programm für diese Woche schreit jetzt schon nach Erholung, obwohl die Woche kaum angefangen hat. Heute Abend werde ich gegen 23 Uhr wieder zuhause sein, dazwischen 5 Meetings mit den wichtigsten Leuten der Firma. Strategiekommunikation und Kommunikationsstrategie besprechen.
Morgen starte ich mit einem feministischen Frühstück in den Tag und widme mich dann im Büro meiner To-Do-Liste. Am Mittwoch Morgen werde ich ein paar Handwerker:innen erzählen, wie meine Küche aussehen soll und dann weiter darüber nachdenken, wie wir unsere Strategie am besten erzählen, nachmittags einer Bundestagsabgeordneten etwas über Adblocking erzählen und abends der LAG Netzpolitik hoffentlich glaubhaft erzählen, dass ich auch weiterhin ihre Sprecherin sein möchte und dafür dieses Jahr hoffentlich ein klein bisschen mehr Zeit haben werde.
Am Donnerstag darf ich immerhin mitten am Tag eine Stunde lang einfach nur stillliegen. Während eine Zahnärztin dafür sorgt, dass ich am nächsten Morgen endlich wieder ordentlich zubeißen kann. Entspannung pur!

Wenn ich irgendwann dazwischen ein bisschen Zeit habe würde ich gerne mein Interview für das Handelsblatt ins Englische übersetzen, damit auch alle meine Mitarbeiter:innen lesen können, wie ich im Idealfall mit Ihnen arbeiten will. Damit sie mich daran messen und mir dazu Feedback geben können.
Leider wird das Gendersternchen in der Überschrift dabei verschwinden, auf das ich ja besonders stolz bin. Eine eher deutsche Wirtschaftszeitung gendert in einer Headline. Weil ich es kann!

11 Stunden später sitze ich wieder am Flughafen und schaffe es vielleicht diesen Post fertig zu machen und abzuschicken.
Die Meetings waren gut und es hat absolut Sinn gemacht, vor Ort Face to Face mit den Kolleg:innen zu sprechen. Meine To Do Liste ist jetzt noch ein bisschen länger aber ich bin freue mich, dass Dinge in die richtige Richtung gehen.

Gerade ist es einfach mal wieder alles ein bisschen viel und Mini, Job, Politik, Aktivismus und Renovierung alle paar Minuten neu zu priorisieren ist ein bisschen anstrengend. Aber es kann ja auch kein Zufall sein, dass ich immer einen Ball mehr in der Luft habe, als ich eigentlich jonglieren kann. (Abgesehen davon, dass ich überhaupt nicht jonglieren kann! Metaphern ftw!)

Ich will das ja alles machen! Und eben am liebsten alles zu 100%! Sich dass in Erinnerung zu rufen, hilft.
Was noch hilft, und zwar sehr, ist jemanden zu haben, der mich an Erholungspausen erinnert und mich und einen der Bälle auffängt, wenn es ganz eng wird. <3

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