Ich hatte zwei Wochen Urlaub und die erste Woche war tatsächlich relativ ruhig. Mini hat mit seinem Geburtstag (ist er wirklich schon so groß??!) die Ferien eingeleitet und die Tage danach habe ich damit verbracht ihm zu erklären, dass Geburtstag wirklich nur ein Tag ist und er jetzt nicht die ganze Zeit “Bestimmer” sein darf und auch nicht jeden Tag Geschenke einfordern braucht und nein, auch nicht jeden Tag fünf Eis. Letzteres hatte sich dann sehr schnell erledigt als wir bei den Großeltern zu Besuch waren. Meine Mama scheint das Zucker-Defizit unter dem ich als Kind leiden musste, bei ihren Enkeln ausgleichen zu wollen…
Ansonsten Sommer, Sonne, See. Mit extra viel Abstand vor den rücksichtslosen, rechtsoffenen Demonstrierenden in Berlin.
Die zweite Woche war dann relativ, nun ja, unruhig.
Wie immer war ich selber Schuld. Denn letzten Montag habe ich angekündigt, dass ich nächstes Jahr für den Bundestag kandidieren will und zwar auf einem Listenplatz, der nach der Wahl auch wirklich in den Bundestag kommt.
Ich habe mich sehr gefreut, dass soviel Grüne sich über meine Kandidatur gefreut haben und mir auf allen Kanälen Zuspruch geschickt haben. Danke, Danke, Danke!
Worüber ich mich weniger gefreut habe, ist der Shitstorm, den ausgerechnet ein Pressesprecher aus dem Bundestag losgetreten hat. Der CSU-Fraktionssprecher war von meiner Kandidatur nicht sonderlich begeistert, er fand sie “zum kotzen”. (Ob er die Kandidatur, mich, oder “nur” meine Positionen meint, bleibt unklar.) Weil ich es gewagt habe, öffentlich zusagen, dass Schwangerschaftsabbrüche aus dem Strafgesetzbuch gestrichen gehören. Vielleicht auch, weil ich schnelles Internet für alle will, auch das ist nicht so ganz klar aus seinem Statement geworden, aber vielleicht fühlt er sich ertappt, schließlich steht dieses Versprechen zwar im Koalitionsvertrag, daran gearbeitet hat aber in den ersten 3 von 4 Jahren Legislatur noch niemand. Wer war nochmal Minister für Verkehr und digitale Infrastruktur??
Worauf der Shitstorm sich bezog war hingegen glasklar: Hunderte von Accounts unterstellten mir, ich wolle Abtreibungen bis einen Tag vor Geburt, ich wäre Mörderin und / oder zu dumm zu verhüten. Die meisten davon präsentierten sich als männlich, gerne mit Deutschlandflagge im Profil. Ich würde mich gerne über diese Männer lustig machen, um die Aggressivität, die sie mir entgegen bringen von mir fern zu halten und mich selbst von diesem Niveau der Diskussion zu distanzieren. Aber wer sich an die “Begründungen” der Attentäter in Halle und Hanau erinnert, weiß, dass dieser Antifeminismus nicht einfach nur Getrollt sondern wortwörtlich lebensgefährlich sein kann.
Was dann letzten Endes doch wieder eine Bestätigung für meine Kandidatur ist, denn dieser Hass auf Frauen und selbstbestimmtes Leben darf nicht unwidersprochen bleiben!
Auch wenn ich im Bundestag vor allem meine Digital-Expertise einbringen will, ich bin und werde für immer lautstarke Feministin sein. Neben einem Recht auf schnelles Internet gibt es unzählige weitere digitalpolitische Baustellen. Besserer Datenschutz und die tatsächliche Implementierung dessen wird noch lange ein Dauerbrenner sein. Wer weiß schon wirklich, was mensch bestätigt, wenn doch einfach nur schnell dieser Cookie-Banner weg soll? Und warum zählt dieses Wegblicken als Einverständnis personenbezogene Daten mit dem halben Internet zu teilen?
Dann sind da Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz und Blockchain. Letztere halte ich ja für massiv überschätzt und trotzdem gibt es öffentlich geförderte Pilotprojekte an Universitäten dazu. Künstliche Intelligenz hingegen ist gar nicht so futuristisch, wie es sich für viele vielleicht noch anhört sondern längst in unser aller Hosentaschen. Dafür, dass algorithmische Entscheidungssysteme so omnipräsent sind, ist der rechtliche Rahmen an vielen Stellen noch viel zu unklar. Wenn bald Software statt Sachbearbeiter:in über staatliche Leistungen entscheiden, muss sichergestellt werden, dass diese Systeme wirklich alle Menschen gleich behandeln. Dann wären sie nicht nur schneller sondern wirklich besser als menschliche Entscheide:innen.
Und natürlich will ich mitgestalten, wie wir unsere Demokratie ins Zeitalter der Digitalisierung holen.
Bis ich mich hauptberuflich mit all diesen Fragen beschäftigen darf, habe ich noch einige Hürden zu nehmen: Im September entscheiden die Lichtenberger Grünen darüber, ob sie mich zu ihrer Direktkandidatin machen wollen, Ende November werbe ich dann um die Stimmen der Berliner Grünen, die mich hoffentlich auf einen aussichtsreichen Listenplatz wählen. In einem Jahr geht dann der richtige Wahlkampf los, denn auch der beste Listenplatz muss am Ende von den Wähler:innen ins Parlament geschickt werden.
Jetzt denke ich also erstmal an Heute und Morgen und da bin ich erstmal nur Freizeitpolitikerin und hauptberuflich Managerin bei eyeo.
Im Prinzip mache ich auch da ein bisschen Digitalpolitik, von ganz unten eben. In einem Open Source Unternehmen, dass Menschen ermöglicht weniger Werbung im Netz zu sehen. Mein Team ist nicht ganz so groß wie eine Bundestagsfraktion aber dafür ziemlich wahrscheinlich diverser.
Am ersten Tag nach dem Urlaub lese ich deshalb auch nicht nur aufgelaufene Mails sondern freu mich auf die Check-Ins mit meinen Mitarbeiter:innen.
Eigentlich würde ich gern ins Büro gehen. Mein Team ist verstreut von Potsdam bis Atlanta, ich spreche also mit den meisten auch ohne Pandemie nur per Videokonferenz, aber “Zurück ins Büro” fühlt sich doch irgendwie anders an als “Zurück an den Schreibtisch im Abstellzimmer”…
Hier fehlt jetzt der Übergang, aber ich muss trotzdem mal sagen, was ich für ein riesiges Glück habe mit diesem Arbeitgeber. Ich wurde eingestellt, als ich im fünften Monat schwanger war, in Elternteilzeit in eine Führungsposition befördert und meine politischen Aktivitäten werden nicht einfach nur akzeptiert sondern vom gesamten Management unterstützt. (Am meisten von denen, die nichtmal grün wählen.)
Egal ob es um remote work, Teilzeit, Kindern in Videokonferenzen oder diverse Tech-Teams geht: eyeo zeigt, dass das, was viele Unternehmen immer noch als unrealistische Utopien abtun, nicht nur machbar sondern absolutes Erfolgsmodell ist.
(Falls sich jemensch fragt: Keine beauftragte Werbung, auch wenn eyeo natürlich mein Gehalt bezahlt. 😀 )
Vielleicht trage ich mich ja diese Woche doch mal in die Anwesenheitsliste fürs Büro ein und gucke mit welchen Kolleg:innen ich mich über unsere tolle Firma und unsere tolle Kaffeemaschine freuen kann.
Außerdem freue ich mich diese Woche auf die Mitgliederversammlung der Grünen in Lichtenberg und ein Spielplatz-Treffen der Grünen Feministinnen vor Ort. Mini freut sich darüber, dass doch noch einmal Geburtstag ist, denn wer in den Ferien feiert muss natürlich in der Kita nachfeiern.
Worauf freut ihr Euch?
PS: Wer am Bild erkennt, wohin mein letzter Urlaubsabstecher ging, kriegt ein Eis! Wenn das nicht Grund zur Freude ist!
Hallo Frau Dornheim.
Ihren heutigen Blogeintrag habe ich mit Freude und Respekt gelesen.
Ich freue mich, dass Sie für den Bundestag kandidieren und hoffe, dass Sie gewählt werden.
Über Ihren Twittereintrag heute zu Scholz als Kandidat und Baerbock als künftige Kanzlerin bin ich auf Ihre Website gekommen.
Auf Twitter werde ich nun Ihr Follower, um zu sehen, ob Sie 2021 gewählt werden.
Nochmals alles Gute.
P.S. Ich werde Wahlkampf für Olaf Scholz machen, denn ich bin seit fast 50 Jahren in der SPD.
….ich wünschte ich wär, eine Lichtenbergerin!!!
Hallo Fr. Dornheim
Das Bild ist enstanden vor Sacré Coeur in Paris
MfG A.Kogutkiewicz
Richtig! 😉