Ich versuche ja immer auch in diesen Posts die Dreifaltigkeit meines Lebens von Job, Kind und Politik zu repräsentieren. Manchmal muss ich dazu ein bisschen springen, manchmal springen mich alle drei gleichzeitig an und dann geht es weniger darum, irgendeine tolle Balance zu halten sondern schlichtweg darum nicht umzufallen. Sehr wortwörtlich, wenn Mini mal wieder meint, ich könnte sein Pferd sein und ein wenig übertragener wenn eigentlich Wochenende sein sollte ich statt Nichtstun bei einem Grünen Event sein wollte, dann aber auf einmal ein riesiger Haufen Arbeit aus dem Nichts über mir zusammenbricht.
So geschehen letztes Wochenende. Eigentlich wollte ich mit dem Herzensmensch (wohlgemerkt nicht Nummer Vier nach der Dreifaltigkeit sondern absoluter Joker!) gemütlich ausschlafen und dann zum Bundesfrauenrat der Grünen radeln. Nur mal kurz aufs Handy gucken und aaaaaaaah. Firefox hat es geschafft, eines ihrer eigenen Zertifikate auslaufen zu lassen, was dafür gesorgt hat, dass kein Add-On mehr funktioniert hat. Was dafür gesorgt hat, dass gefühlt eine Million Adblock Plus User:innen sich beschwert haben und wissen wollten, warum ihr Adblocker nicht funktioniert. Am Samstag Morgen. Als mir klar war, dass ich diese Flut an Nachrichten nicht alleine bewältigt bekomme, habe ich schweren Herzens mein Team alarmiert und gefragt, ob jemensch vielleicht Freizeit zu Arbeitszeit machen könnte. (Natürlich wird bei uns sowas ausgeglichen!)
Ein paar Hundert Kommentare später bin ich 3 Stunden später als geplant doch noch bei den Grünen Frauen eingelaufen. Leider habe ich die Panel zu Lesbischer Sicherheit verpasst und weiß deshalb nicht, ob auch über Sicherheit von Bi-Menschen gesprochen wurde, was mich sehr interessiert hätte. Aber ich bin mir sicher, Ulle und Marion und die anderen tollen Frauen haben viele wichtige Themen diskutiert.
Stattdessen bin ich gerade noch rechtzeitig zur Fotoaktion gekommen und war damit auch offiziell da. (Was nicht auf Twitter oder Insta ist ist ja nicht passiert, wie wir wissen.)
Beim Mittagessen habe ich mit zwei anderen aktiven Grünen Frauen über das Dilemma der Kaumvereinbarkeit von Familie und Job und Politik gesprochen. Beruf und (kleine) Kinder unter einen Hut zu bringen ist ja schon eine tägliche Herausforderung. Dazu auch noch politisch aktiv zu sein, dazu haben nur die wenigsten Zeit und Energie. Meine tolle Kollegin Susanne hat das auf Twitter ganz gut zusammengefasst: “Wenn Frauen nicht so fertig wären, würden Windeln gegen Paläste fliegen und zwar non stop und fast überall.”
Was dann eben wieder dazu führt, dass berufstätige Frauen mit Kind politisch kaum repräsentiert sind. Obwohl sie einen wirklich großen Teil dieser Gesellschaft ausmachen und definitiv genau wissen, was sich in dieser Gesellschaft ändern müsste. Zum Glück gibt es noch ein paar andere, die so verrückt sind wie ich und sich einfach weigern zu akzeptieren, dass Frau nicht alles haben kann. Immerhin sind wir Teil einer Partei, die sich dieser Problematik bewusst ist…
Nach dem Essen ging es um das neue grüne Grundsatzprogramm, dass gerade in Arbeit ist. Es gibt diesmal kein dezidiert feministisches Kapitel mehr, denn “das gesamte Programm ist der feministische Teil” wie Gesine es auf den Punkt gebracht hat. Feminismus ist ein Querschnittschema das sich durch alle Lebens- und Politikbereiche durchzieht und genau so sieht es jetzt auch in unserem Programmentwurf aus. Was da alles noch besser aussehen könnte haben uns Meltem Kulaçatan, Antje Schrupp und Barbara Unmäßig in Gastbeiträgen erklärt. Bei all der Polemik und Hektik, die es im politischen oft gibt, war es eine absolute Wohltat, diesen drei klugen Frauen zuzuhören und von Ihnen den Spiegel vorgehalten zu bekommen. Alle drei wünschten sich, dass wir unsere feministischen Visionen stärker herausstellen. Und dass wir auch sprachlich weg von einem androzentristischen (auf Männer ausgerichteten) Weltbild kommen.
Das bedeutet natürlich nochmal ein bisschen mehr Arbeit, aber es soll ja nicht irgendein Text werden, sondern quasi die Grüne Bibel für die nächsten 10 Jahre.
Darüber wurde bestimmt auch noch beim gemeinsamen Abendessen intensiv diskutiert. Aber wieder ohne mich, denn ich musste nach Hause, Mini in Empfang nehmen. Der hatte leider sein neues Motorrad bei Papa vergessen und war etwas verstimmt. Also habe ich improvisiert und “Motorradpizza” vorgeschlagen, mit Mozarellarädern und so. Der Mozzarella hat dann aber auch schon gereicht um ihn wieder glücklich zu machen.
Nachdem er satt und zufrieden ins Bett gegangen ist und nach drei Geschichten in Begleitung von fünf Kuscheltiere und Legos irgendwann eingeschlafen war, habe ich mich nochmal den Adblock Plus Nutzer:innen gewidmet. Bei über 130 Millionen weltweit reicht es, wenn nur ein klitzekleiner Teil sich entscheidet, einen Tweet, eine Nachricht oder einen Kommentar zu schreiben um mich und mein Team rund um die Uhr zu beschäftigen.
Ach ja, habe ich erwähnt, dass am Freitag mein Arbeitslaptop abgeschmiert ist und ich also meine Wochenendarbeit auf meinem uralten privaten Rechner machen musste. Stichwort “irgendwas ist immer”.
Diese Woche ist auch ein klein bisschen was.
Von heute bis Mittwoch tobt in Berlin die re:publica, morgen Abend bin ich kurz in Hamburg um am Rande der Online Marketing Rockstars Konferenz einen Film zu Frauenrechten zu kommentieren und ab Donnerstag bin ich in Amsterdam beim The Next Web Event. In Anbetracht dessen bin ich nur ein bisschen wehmütig zum ersten Mal seit fünf Jahren nicht selbst auf einer re:publica Bühne zu stehen…
Außerdem durfte ich heute morgen schon eine neue Mitarbeiterin begrüßen und briefen. Auch noch heute sollte ich mit meiner Co-Sprecherin telefonieren und die nächste Sitzung der LAG Netzpolitik planen. Und irgendwann zwischendrin muss ich Mini noch zu einem roten Laufrad verhelfen, denn das, das er hat, ist nicht nur ein klein bisschen zu groß (oder Mini zu mini…), es hat auch noch die falsche Farbe.
Ich weiß noch nicht genau, wie ich das alles hinkriege, aber ich bin halbwegs zuversichtlich, dass ich es hinkriege.
Denn ich höre ja täglich die passenden Mantras dazu: “Nein, Du nicht müde!” und “Du bist ganz stark, Mama!”