Als chronische Optimistin und leicht Arbeits-vernarrte mag ich ja Montage eigentlich sehr gern. Der heutige und ich haben aber bisher noch keine sonderlich gute Beziehung.
Nachdem ich ja dieses großartige Werk von Jesper Juul gelesen habe, muss ich mich fragen, ob es wirklich nur am Montag liegt, oder ob der Montag sich so anstellt, weil er mir irgendwas sagen will.
Es ging eigentlich ganz gut los mit uns beiden. Mein Wecker klingelte als ich schon halbwach war und noch vor ich fertig überlegt hatte, wie ich Mini wach kriege, tönte es aus seinem Zimmer: “Ronge-Eis”. Diese exotische Spezialität wartet seit dem tropisch-heißem letzten Wochenende in unserem Gefrierfach: Orangensaft in Eisförmchen gefroren.
Nun gut, also das erste Mal für diese Woche umdisponiert, statt zu erst unter die Dusche ging es zu erst in die Küche. Natürlich auf meinem Rücken, denn mein “Ich bin auch noch müde” wurde mit einem absolutistischen “Nein, Du bist stark!” gekontert.
Während Mini Eis ass konnte ich in Ruhe duschen dann haben wir zusammen “was richtiges” gefrühstückt und nachdem ich ihn an die Gummibären-Prämie erinnert hatte, hat er sogar alle Anstrengung zusammengenommen (“Ich schaff das!!!”) und eine kleine Schlange ins Klo produziert.
Nachdem die letzten Tage der Naturalientausch Gummibären gegen Ausscheidungen so exzellent funktioniert hat, habe ich schon mit den Gedanken gespielt, meine Tricks in einem Erziehungsratgeber zu veröffentlichen. Jetzt muss ich das vielleicht nochmal überdenken, oder zumindest Warnungen hinzufügen.
Keine Sorge, es folgt jetzt keine Geschichte über Fäkalien.
Das Problem waren die Gummibärchen! Denn Mini musste unbedingt mit je einem in der Hand die Leiter zu seiner Hochbettrutsche hochklettern. Und dann ist es passiert: “Bin klettert, wackelt, fällt, Bum! mein Kopf fallt und dann Aua!” So die Aussage des Geschädigten.
Wir saßen also erstmal lange auf dem Boden, ich tröstend, Mini weinend. In solchen Momenten steht die Zeit still, weil total egal ist, was die Welt sonst so will, mein einziger Existenzgrund in solchen Momenten ist festhalten, Halt geben und trösten. Solange, bis es eben wieder geht.
Als ich ihn kurz später in der Kita abgegeben habe, hatten wir also beide schon einiges hinter uns.
Mit seinen spätherbstlichen Temperaturen hat uns die Welt draußen jetzt auch nicht unbedingt aufgeheitert. Letzte Woche habe ich morgens noch drüber nachgedacht, wie wenig mensch wohl ins Büro anziehen kann, heute bin ich mit Übergangsmantel und Halstuch aufs Rad gestiegen.
Im Büro wurde ich dann erstmal von ohrenbetäubendem Bohrlärm begrüßt. In der Etage unter uns werden offensichtlich sämtliche Wände eingerissen.
Ich hatte erst überlegt, gleich wieder ins Home Office zu verschwinden aber dann hieß es, es sei um 12 Uhr vorbei und da ich nach Feierabend ein netzpolitisches Date hier in der Ecke habe, bin ich doch geblieben.
Jetzt ist es gleich zwei und ich schreibe diesen Text in einer leicht dystopischen Soundkulisse von Bohrern, Presslufthämmern und Lykke Li, alles zusammengematscht von den
Noise-Canceling-Kopfhörern, die im Zug super, über einer Baustelle nur so mäßig helfen.
Wir haben ja mittlerweile in unserem “Spielzimmer” im Büro ein Virtual Reality Set-Up und gerade an Tagen wie heute wäre es ziemlich verlockend, einfach in eine andere Realität abtauchen zu können. Aber nichtmal das steht als Montags-Alternative zur Verfügung. Denn VR und ich sind inkompatibel, wie ich lernen musste. Am Wochenende durfte ich beim Herzensmenschen die Oculus Quest testen, die natürlich ziemlich viel mehr kann, als meine Cardboard-Brille (einem Pappgestell, mit Hilfe dessen ein Smartphone zur rudimentären VR-Brille wird). Ich bin mir eigentlich sehr sicher, dass ich noch nicht (und überhaupt nie!) zu alt geworden bin, um mich für technisches Spielzeug begeistern zu können, aber diese Version der virtuellen Realität hat mich noch nicht vom Hocker gehauen. Es ist alles immer noch ziemlich pixelig und auch wenn mensch sich nicht selbst sieht, ahnt eins doch, wie bescheuert mensch mit diesem viel zu schweren Klotz vor der Stirn aussieht. Es wurde nicht besser, als ich mir einen Trailer des getypten Genre von VR “Erwachsenenunterhaltung” angetan habe. Prolliger Typ macht ungelenke Moves in Richtung meines Schritts. Ih, geh da weg! Ok, vielleicht ist diese Negativ-Erfahrung nicht unbedingt VR geschuldet, sondern eher einer Industrie, die halt fast ausschließlich Phantasien von Männern umsetzt. Männern, die im Patriarchat groß geworden sind.
Was definitiv Schuld von VR ist, und der Grund, warum ich mich so schnell nicht mehr in sie flüchten werde, ist die Tatsache, dass meine Augen nach knapp 30 Minuten Virtual Reality fast einen ganzen Tag lang gebraucht haben, sich wieder an die Real Reality zu gewöhnen. Laut kurzer Recherche liegt es daran, dass Scharf- und Tief-Sehen in der VR-Brille entkoppelt werden, in der RR aber Hand in Hand gehen. Oder halt Auge in Auge.
Jedenfalls habe ich einen halben Tag an meiner Sehkraft gezweifelt und schon wieder befürchtet jetzt wirklich endgültig und so richtig alt zu sein und über Nacht kurzsichtig geworden zu sein, bis es mir dämmerte. Das Internet erklärt lakonisch, dass es noch keine Langzeitstudien gibt, und mensch dann halt “rather not operate heavy machinery or perform surgery” sollte. Nun gut. Oder halt einfach in der Real Reality bleiben.
In eben jener Realität startet der heutige Meeting-Marathon und bisher sieht es nicht so aus, als würde aus diesem Montag und mir noch etwas. Obwohl ich mir extra ein schönes Kleid angezogen habe! Aber mensch soll den Tag ja nicht vor dem Abend abschreiben.
In ein paar Stunden werde ich den Feierabend einläuten, in der taz Kantine mit netzpolitischem Gossip und einem Kaltgetränk, das wird bestimmt groß. Und zuhause werde ich an meinem neuen Lieblingsprojekt arbeiten: Der Summer Bucket List!
Denn trotz hohem Alter habe ich dieses Jahr Sommerferien wie zu Schulzeiten. Sechs Wochen lang große Freiheit, keine Termine, keine To Dos. Stattdessen Ausschlafen, Eis essen, in Seen baden, Lesen, Denken oder einfach in den Himmel starren.
Und natürlich ein paar Ausflüge nach Brandenburg und Sachsen, der Landschaft wegen, der natürlichen und der politischen, denn da wird im Spätsommer gewählt und es soll ja überall grünen!
Auf Twitter habe ich schon einige gute Tipps für Berlin und Umgebung im Sommer bekommen, aber die Liste ist noch lange nicht voll. Was würdet ihr tun? Welche Geheimtipps in Berlin könnt ihr verraten? Wo gibt es das allerbeste Eis und welcher See ist am romantischsten?